Erdogan Krieg gegen die universitäre Freiheit

Erdogan Krieg gegen die universitäre Freiheit


Bosporus-Universität (Bo?aziçi Üniversitesi auf Türkisch, oder BOUN in seiner Abkürzung) ist eine der drei Top "Ivy League Hochschulen der ürkei.

Erdogan Krieg gegen die universitäre Freiheit
  • Am 2. Februar nahm die türkische Polizei mehr als 150 Menschen fest, die friedlich gegen ErdoÄŸans Ernennung eines Parteigängers zum neuen Rektor der BOUN protestierten. Es war das erste Mal seit 1971, dass ein Nicht-BOUN-Absolvent als Leiter der Universität ernannt wurde. Studenten, Professoren und Alumni protestieren seit Anfang Januar gegen die Ernennung von Rektor Melih Bulu, einem ehemaligen Mitglied von ErdoÄŸans Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung.
  • Am 3. Februar denunzierte ErdoÄŸan die studentischen Demonstranten als "Terroristen" und schwor, gegen die Demonstrationen vorzugehen. Bis dahin hatte die Polizei mehr als 250 Studenten festgenommen. Erdogan gab zu, dass er befürchtete, die BOUN-Proteste könnten sich zu regierungsfeindlichen Protesten ausweiten, und sagte, er würde nicht zulassen, dass sie anschwellen würden.
  • In [Erdogans] islamistischer Weltsicht ist der Dissens der Jugend nur dann gut, wenn sie gegen Ideen protestiert, die der Islamismus ablehnt, nicht wenn sie gegen Islamisten protestiert.

Von Burak Bekdil, Gatestone Institute

Gegründet als Robert College im Jahr 1863, war BOUN die erste amerikanische Universität, die außerhalb der USA gegründet wurde. Ihre Gründer waren der reiche Philanthrop Christopher Robert und der Missionar Cyrus Hamlin. Das Robert College wurde 1971 an die türkische Regierung übergeben und in BOUN umbenannt.

Zu den bemerkenswerten Absolventen von BOUN gehören die ehemaligen Premierminister Tansu Çiller und Ahmet DavutoÄŸlu. Die Times Higher Education hat die BOUN in ihrem Weltuniversitätsranking 2021 auf Platz 601-800 gesetzt. Jedes Jahr legen etwa 2,5 Millionen türkische Schüler eine nationale Prüfung ab, um eine Universität zu besuchen. Bei der letztjährigen Prüfung schrieben sich 708 der besten 1.000 von 2,5 Millionen Anwärtern an der BOUN ein. Mit anderen Worten: 70% der besten Schüler der Türkei bevorzugen diese Universität.

Türkische Islamisten standen schon immer im Widerstreit zu den liberalen, pro-westlichen Traditionen der BOUN. In einem Interview sagte Binali Yıldırım, Präsident Recep Tayyip ErdoÄŸans Wahl zum Ministerpräsidenten von 2016, dass er die BOUN in seiner Jugend nicht besucht habe, weil er "Jungen und Mädchen zusammen im Hof der Universität sitzen und reden sah" und die Vermischung der Geschlechter inakzeptabel fand. Genau diese ideologische Unvereinbarkeit eröffnete eine neue Front im Kampf zwischen dem tyrannischen Islamismus und einer Eliteuniversität.

Am 2. Februar nahm die türkische Polizei mehr als 150 Menschen fest, die friedlich gegen ErdoÄŸans Ernennung eines Parteitreuen zum neuen Rektor der BOUN protestierten. Es war das erste Mal seit 1971, dass ein Nicht-BOUN-Absolvent zum Leiter der Universität ernannt wurde. Studenten, Professoren und Alumni protestieren seit Anfang Januar gegen die Ernennung von Rektor Melih Bulu, einem ehemaligen Mitglied von ErdoÄŸans Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung. Die Polizei durchsuchte sogar die Wohnungen einiger Demonstranten und verbarrikadierte das Universitätsgelände der BOUN.

In gewaltfreien Demonstrationen forderten die Demonstranten, dass Bulu als Rektor der Universität zurücktritt und die Universität ihren eigenen Präsidenten wählen darf, da die Ernennung ein Affront gegen die akademischen Freiheiten sei. Am 3. Februar denunzierte ErdoÄŸan die studentischen Demonstranten als "Terroristen" und schwor, gegen die Demonstrationen vorzugehen. Bis dahin hatte die Polizei mehr als 250 Studenten festgenommen. ErdoÄŸan gab zu, dass er befürchtete, die BOUN-Proteste könnten sich zu regierungsfeindlichen Protesten ausweiten und sagte, er würde nicht zulassen, dass sie anschwellen würden.

Zusätzlich zur Brandmarkung der Demonstranten als Terroristen schürten ErdoÄŸan und Regierungsfunktionäre einen polarisierenden und giftigen Kampf der Traditionen, indem sie die LGBTQ-Studenten der Universität als Anstifter der Unruhen denunzierten und sie als von türkischen Werten abweichend darstellten. "So etwas wie LGBT gibt es nicht. Dieses Land ist national, spirituell, und marschiert mit diesen Werten in die Zukunft", sagte ErdoÄŸan. Tweets von Innenminister Süleyman Soylu, die LGBTQ-College-Studenten verunglimpften, indem sie sie Perverslinge nannten, wurden von Twitter als seine Richtlinien betreffend "hasserfülltes Verhalten" verletzend identifiziert, mit einem Warnhinweis versehen und teilweise vor der Öffentlichkeit versteckt.

Nach einer Flut von Kritik aus den Vereinigten Staaten und Europa beschuldigte ErdoÄŸan die amerikanische und europäische Nationen der Doppelmoral, weil sie Proteste in ihren Ländern "zerschlagen" würden, jedoch "diejenigen als unschuldig" porträtierten, "die die Straßen der Türkei terrorisieren". "Wir werden keine Gnade gegenüber denen zeigen, die zum Spielzeug von Organisationen geworden sind, die in den Terror verwickelt sind und die die Anwendung von Gewalt als ein Mittel zur Suche nach Gerechtigkeit betrachten", sagte er. "Wir werden ihnen an den Kragen gehen und sie vor Gericht bringen."

In einer Rede an die türkische Jugend sagte ErdoÄŸan im Mai 2015: "Beugt euch niemals vor Männern der Macht, auch nicht vor einem Präsidenten, einem Premierminister, den Reichen und Wohlhabenden. Denkt daran, dass Kriecherei niemals der Würde der Jugend dieser Nation entspricht." Zwei Jahre später, im Jahr 2017, sagte ErdoÄŸan erneut: "Wir brauchen keine Jugend, die unhinterfragt gehorcht. Wir brauchen eine Jugend, die weiß, welche [Ideen] sie verteidigt und warum."

Die BOUN-Demonstranten sind genau die Art von Jugend, die ErdoÄŸan 2015 und 2017 gewünscht hat. Doch statt sie zu loben, will ErdoÄŸan sie als "Terroristen" bestrafen.

Hat sich ErdoÄŸan seit 2015 geändert? Hat er nicht. Er hat diese mutigen Zeilen nur um der Rhetorik willen gesagt. In seiner islamistischen Weltanschauung ist der Dissens der Jugend nur dann gut, wenn er gegen Ideen protestiert, die der Islamismus ablehnt, nicht wenn er gegen Islamisten protestiert.

 

Gatestone Institute - Burak Bekdil, einer der führenden Journalisten der Türkei, wurde kürzlich nach 29 Jahren von der renommiertesten Zeitung des Landes gefeuert, weil er in Gatestone schrieb, was in der Türkei vor sich geht. Er ist ein Fellow beim Middle East Forum. - Übersetzt von Daniel Heiniger


Autor: Gatestone Institute
Bild Quelle: Archiv


Montag, 01 März 2021