Israel: Aram Hiram - Eine Stadt für aramäische Christen

Israel: Aram Hiram - Eine Stadt für aramäische Christen


Shadi Khalloul, (42) Vorsitzender der Vereinigung der Israelisch-Christlich-Aramäischen-Gemeinde, hat Premierminister Benjamin Netanjahu seinen Traum vorgestellt: eine christlich-aramäische Stadt im Norden des Landes.

Israel: Aram Hiram - Eine Stadt für aramäische Christen

Von Ulrich W. Sahm

 

Aramäisch ist jener Galiläische Dialekt, den Jesus gesprochen hatte und in dem mehrere Bücher des Alten Testaments sowie fast der ganze Talmud verfasst wurde. Khalloul hält die Errichtung einer solchen Stadt für notwendig, um die aramäische Sprache und Kultur zu erhalten.


Als Shadi Khalloul an der Universität in Nevada studierte, so berichtet er, wurde ihm dort mitgeteilt, Aramäisch sei eine tote Sprache. Denn in Nordamerika und Europa weiß kaum jemand, dass diese Kultur noch lebendig ist. Doch bis heute hat sich das Aramäische bei maronitischen Christen im Libanon und bei den fast ausgerotteten syrisch-orthodoxen Christen im Bürgerkriegsland Syrien als Umgangssprache erhalten.

 

Aramäische Kultur soll erhalten bleiben


Auch Khallouls ganze Familie spricht diese Sprache bis heute. Er geht davon aus, dass aktuell rund 15.000 israelische Christen auf Aramäisch beten. Die meisten gehören der Syrisch-Maronitischen-Kirche von Antiochien an.


Khalloul möchte die neue Stadt in den kargen Hügeln errichten, wo einst das Dorf Kafr Bir’im lag, 4 Kilometer südlich der libanesischen Grenze und 11,5 Kilometer von Safed entfernt. Seine Vorfahren hätten dort etwa 400 Jahre gelebt, bis die Bewohner während des Unabhängigkeits-krieges 1948 evakuiert wurden. Die Stadt solle „Aram Hiram“ heißen: Aram stehe für die aramäischen Königreiche, Hiram beziehe sich auf den König des Libanon, der Salomon mit Zedernholz für den Bau des Tempels belieferte, erläuterte Khalloul.

Registrierung als israelische Aramäer


Khalloul hatte verschiedene Treffen mit Regierungsvertretern, darunter Premierminister Benjamin Netanyahu im Jahr 2013. Letzte Woche traf er sich mit dem Generaldirektor des Büros des Premierministers, Yoav Horovitz. Dort legte er seinen Vorschlag für Aram Hiram vor.


Die künftigen Einwohner müssten sich an zwei Regeln halten: „Wir sind alle Israelis und gleichberechtigte Bürger, aber wir werden als Aramäer registriert werden. Ebenso muss jeder eine Vereinbarung mit dem Verteidigungsministerium unterzeichnen, dass alle Kinder bei der Armee den Pflichtdienst leisten.“
Khalloul will die Stadt auf 150 bis 200 Morgen Land planen, benötige aber $5 Million für das Entwickeln und die Planung. Das werde sieben Jahre dauern. Er hofft, dass Christen und Juden auf der ganzen Welt zu seiner Sache beitragen und seinen Traum Wirklichkeit werden lassen.


Khaloul diente selber in der israelischen Armee als Fallschirmspringer und ist Captain der Reserve. 1993 war er nur einer von fünf Christen, die sich rekrutieren ließen. 2015 hatte er sich bei den allgemeinen Wahlen für die Arbeitspartei (heute: Zionistisches Lager) beworben. Er gründete auch das christlich-jüdische Vorbereitungsprogramm, um Christen und Juden auf die Armee vorzubereiten, indem er ihnen Training und Ausbildung in Navigation, Führung, Christentum, Judentum, Aramäisch und der Geschichte Israels gab. Von den christlichen Teilnehmern sagte er: „Ich lehre sie ihre gemeinsamen Wurzeln als Christen, die sich aus dem Judentum entwickelt haben“.


Inzwischen wurde ein Gesetz verabschiedet. Innenminister Gideon Sa’ar stützte seine Entscheidung auf drei professionelle Meinungen, die zu dem Schluss kamen, dass die Voraussetzungen für eine offizielle Anerkennung der Aramäer als „Nation“ erfüllt seien: historisches Erbe, Religion, Kultur, Herkunft und gemeinsame Sprache. Das Gesetz erlaubt israelischen Arabern, ihre Nationalität im Personalausweis in Aramäisch zu ändern, ohne Gebühr und komplizierten Papierkram. Etwa 200 christliche Familien, die sich nicht als Araber identifizieren, konnten sich als Mitglieder eines alten Volkes in das Bevölkerungsregister eintragen lassen.


Kritik von Seiten der Araber


Während Khalloul in Israel viel Unterstützung erhalten hat, sind einige Araber und insbesondere islamistische Extremisten nicht glücklich über seine Aktivitäten. Sein Name wird oft angegriffen und es werden Lügen über ihn verbreitet. Am 17. März 2015 wurde nach der Wahl eine Granate in sein Haus geworfen. Bei der Debatte zu dem Gesetz startete der arabische Abgeordnete Ahmed Tibi (Vereinigte Liste) einen vernichtenden Angriff: „Es ist ein selbstherrlicher Versuch, die arabische Minderheit in Israel zu spalten und zu beherrschen. Die Christen sind ein authentischer Teil der nationalen arabisch-palästinensischen Minderheit in Israel. Keine rechte politische Entscheidung wird daran etwas ändern.“


Der Abgeordnete Yariv Levin (Likud) argumentierte dagegen, dass es viele Gruppen gibt, die um Anerkennung kämpfen. Die muslimische Eroberung vor Hunderten Jahren hat sie nicht zu Arabern gemacht. Levin stellte fest, dass Israel seine nichtjüdischen Bürger zwang, sich entgegen ihren Wünschen als eine einheitliche Gruppe, nämlich als Araber, zu registrieren. „Wenn ich ihnen erlaube, sich separat zu registrieren, zwinge ich sie nicht dazu, etwas zu tun, sondern gebe ihnen die Möglichkeit, zu sein, wer sie sein wollen“, sagte er.

 

 

Fokus Jerusalem - Foto: Shadi Khalloul kämpft um das Erbe und die ethnische Identität der Aramäer in Israel. Das Bild zeigt ihn in Gush Halav im Norden Israels im Jahr 2013. Quelle: Yaakov Naumi / Flash90.


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Freitag, 07 September 2018