Iran: Frauendiskriminierung, gesetzlich verankert

Iran: Frauendiskriminierung, gesetzlich verankert


Im Iran können Männer ihren Frauen verbieten, das Land zu verlassen. Ein Gesetzesentwurf, der für mehr Gerechtigkeit sorgen soll, stellt bloß eine kosmetische Korrektur dar und ändert an der grundsätzlichen Diskriminierung nichts.

Iran: Frauendiskriminierung, gesetzlich verankert

Das Reiseverbot und die Verhaftung einer Frau machten vergangenen Monat weltweit Schlagzeilen, nachdem ein neues Video aufgetaucht war, das Prinzessin Latifa in Gefangenschaft zeigt. Sie wurde von ihrem eigenen Vater, dem Scheich von Dubai Mohammed bin Rashid Al Maktoum, im Jahr 2018 mit einem Reiseverbot belegt und unter Hausarrest gestellt.

Im selben Monat reiste die iranische Frauen-Ski-Nationalmannschaft ohne ihre Cheftrainerin Samira Zargari von Teheran nach Italien, um an den FIS Alpinen Ski-Weltmeisterschaften teilzunehmen, weil Zargaris Ehemann sie daran hinderte, das Land zu verlassen. Was der Ehemann tat, ist im Iran völlig legal, und die Bemühungen des Teams, seine Entscheidung anzufechten, waren erfolglos. Die beteiligten Funktionäre versuchten ihn umzustimmen, damit er seine Erlaubnis gibt, aber ohne Erfolg.

Der gemeinsame Nenner zwischen den beiden Fällen und vielen anderen, die keine Schlagzeilen machen, ist die Kultur des Patriarchats, die in der Region herrscht. Das von Männern geschaffene Gesetz fördert und verstärkt die Diskriminierung von Frauen.

Das Gesetz zu benutzen, um Frauen zu verbieten, das Land zu verlassen, ist eines der schlimmsten Dinge, die im modernen Iran passieren können. In einer Zeit, in der Frauen immer mehr Präsenz in der Öffentlichkeit erlangen und sogar das Amt des Vizepräsidenten übernommen haben, hat solch eine Autorität des Ehemanns nicht die geringste Rechtfertigung mehr.

Stellen Sie sich vor, der Ehemann von Masoumeh Ebtekar, der derzeitigen Vizepräsidentin des Iran für Frauen- und Familienangelegenheiten, würde seiner Frau verbieten, ins Ausland zu reisen, um den Iran auf internationalen Konferenzen zu vertreten. Rechtlich gesehen ist ihm das erlaubt. Die Tatsache, dass er sein rechtliches Privileg nicht genutzt hat, ist nebensächlich. Der Punkt ist vielmehr, dass solch eine Absurdität überhaupt eine legale Möglichkeit für Männer darstellt.

So sind alle iranischen Frauen in Gefahr, sowohl persönlich als auch beruflich negativ betroffen zu sein. Den Männern ist es gesetzlich erlaubt, Grenzen zu überschreiten und Familienmitglieder zu kontrollieren, insbesondere ihre Ehefrauen, die selbst erwachsen sind – was zu einer toxischen Familiendynamik führt. (…)

Derzeit gibt es im iranischen Recht 23 Einschränkungen für verheiratete Frauen, die in der Datenbank der Weltbank „Women, Business, and the Law“ aufgelistet sind. Zwei dieser Einschränkungen betreffen die „Beantragung eines Reisepasses“ und „Reisen außerhalb des Hauses“.

Diese beiden Einschränkungen haben ihre Wurzeln im vorrevolutionären Iran, in den Jahre vor der Gründung der Islamischen Republik. Das 1973 verabschiedete Passgesetz gab dem Ehemann das Recht, seiner Frau zu verbieten, das Land zu verlassen. Nach Artikel 18, Absatz 3 dieses Passgesetzes ist die Ausstellung eines Passes von der schriftlichen Erlaubnis und Zustimmung des Ehemannes abhängig. Das Gesetz sieht zwar vor, dass der Staatsanwalt in Notfällen einen Reisepass ausstellen kann. Artikel 19 gibt dem Ehemann jedoch immer noch die Möglichkeit, diese Erlaubnis jederzeit zu widerrufen.

Obwohl dieses Gesetz vor der Revolution verabschiedet wurde, waren nicht alle Gesetze, die während der Pahlavi-Ära erlassen wurden, diskriminierend. Auch viele frauenfreundliche Familiengesetze, darunter das Familienschutzgesetz, wurden vor der Revolution verabschiedet. Es überrascht nicht, dass diese frauenfreundlichen Familiengesetze nach der Revolution aufgehoben wurden. Nur das diskriminierende Passgesetz blieb in Kraft.

Anfang dieses Jahres wurde das Gesetz zum Schutz der Würde der Frau vor Gewalt verabschiedet und im Parlament eingebracht. Es sieht vor, dass eine Frau, die das Land verlassen will, während ihr Ehemann ihr dies ohne Angabe eines „rechtfertigenden Grunds“ nicht erlaubt, vor Gericht gehen und Beschwerde einreichen kann. Der Antrag wird im Eilverfahren bearbeitet, und nach Prüfung des Falles kann der Frau die Ausreise gestattet werden, nachdem entsprechende Sicherheitsvorkehrungen getroffen wurden.

Der neue Gesetzentwurf sieht vor, dass in Fällen, in denen einer Frau nicht erlaubt wird, ins Ausland zu reisen, das Element der Dringlichkeit eine grundlegende Rolle bei der Aufhebung des Verbots spielt. Das Einreichen von Anträgen und Dokumenten bei Gericht, die die dringlichen Gründe für das Verlassen des Landes belegen, ist jedoch normalerweise ein langwieriger und zeitraubender Prozess, was dazu führen kann, dass der Zeitpunkt der Entscheidung für die Frauen viel zu spät gefällt kommt.

Daher ist dieser Gesetzentwurf im Grunde nur eine kosmetische Überarbeitung desselben ungerechten Gesetzes, die nur die Illusion einer Verbesserung zugunsten der Frauen vermittelt. Darüber hinaus haben einige Frauen, die beabsichtigen, das Land zu verlassen, einschließlich derer, die zu sportlichen oder wissenschaftlichen Wettbewerben ausreisen, nicht die finanziellen Mittel, um die notwendige Kaution als Garantie für ihre Rückkehr zu leisten.

Insofern wird der neue Gesetzentwurf, wenn er vom Parlament verabschiedet und vom Wächterrat ratifiziert wird, das Problem des Passgesetzes nicht lösen. Ohnehin bleibt die grundsätzlichere Frage bestehen: Warum sollte Männern überhaupt ein solches Recht eingeräumt werden? Warum gibt es im 21. Jahrhundert solche frauenfeindlichen und diskriminierenden Gesetze?

(Aus dem Artikel „Barred from traveling by their husbands, Iranian women suffer under unjust laws“, der bei Al-Monitor erschienen ist. Übersetzung von Alexander Gruber von Mena-Watch.)


Autor: Mena-Watch
Bild Quelle: Archiv


Samstag, 13 März 2021

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